OE (25.10.2006) zum Klosterwald-Lauf am 22.10.2006:

Sieger steht sogar in Wikipedia
Leichtathletik: Höchster Klosterwaldlauf mit unverhofftem Spitzensport und einem quantitativ guten Sportlerfeld
leer
Gerade der Konkurrenz weit vorausgerannt und locker ausgelaufen, nahm der junge Mann mit dem Gardemaß und der Athletenfigur frisch geduscht und im Trainingsanzug seinen Pokal entgegen, bedankte sich artig – und verabschiedete sich aus Höchst.

Wer dieser Dominik Burkhardt ist, der beim 8. Klosterlauf des TSV so imponierend aufgetreten war, erfuhr selbst Organisator Klaus  Sauer erst, als der Sportler längst wieder  seine  baden-württembergische Wahlheimat erreicht hatte: Unter die  regionale Laufprominenz hatte sich der für Jahn Freiburg startende amtierende deutsche  Crosslauf-Meister gemischt – wie der Blick ins Internet-Lexikon bestätigt. Denn sein Status als einer der besten Langstreckler in Deutschland hat dem aus Groß-Gerau stammenden Juristen sogar einen Eintrag bei Wikipedia beschert.

Da mag sich die Odenwälder Laufszene eines noch so guten Rufes erfreuen – von dem 28 Jahre alten Spitzensportler bekam sie ihren Standort eingegrenzt. Selbst in Höchst fehlende Größen wie Jan Wäsch, Jürgen Reiser oder Timo Grub hätten Dominik Burkhardt nämlich nur schwerlich gefährden können. Brachte er mit einer Zeit von 32:34 Minuten über hügelige 9750 Meter doch deutlich mehr als vier Minuten zwischen sich und die härteste Konkurrenz. Und die führte mit dem Michelstädter Triathleten Sebastian Bleitgen immerhin ein Vielseitigkeitskönner an, der die Laufspezialisten in den vergangenen Monaten schon ein ums andere Mal düpiert hat. Mit 36:52 Minuten distanzierte er Ralf Freyer  (Goddelau), der noch vor dem Führungsduo der Odenwaldcup-Wertung ins Ziel kam.

Hier verteidigte der alte und neue  Pokalsieger Hans Grohmann (TV Wersau) mit  37:32 seine Stellung gegenüber Emporkömmling Holger Lehmann (Erbach), der 37:48 min. brauchte. Seinen Lokalkolorit bekam der 8. Klosterwaldlauf von der Frauenkonkurrenz aufgetragen: Mit deutlichem Abstand gewann Marion Ihrig (TSV Höchst) in 46:55, die als Zugehörige des  Alterssegments von 40 bis 45 Jahren auch alle jüngeren Mitbewerberinnen hinter sich ließ. 

Einen in dieser Hinsicht ebenso bemerkenswerten Akzent setzte  Helga Niesner (SC Hassenroth) aus der Altersklasse der Fünfundvierzig- bis Fünfzigjährigen mit dem dritten Platz in 48:54 Minuten. Dazwischen schob sich mit 48:32 Minuten die W-35-Läuferin Christiane Weber (LG Odenwald). Insgesamt gingen rund zwei Dutzend Frauen an den Start und erhoben den Klosterwaldlauf damit unter die beliebtesten Odenwaldcup-Rennen beim weiblichen Geschlecht. 

Aber auch das Starterfeld der Männer konnte sich mit rund 70 Läufern sehen lassen, so dass sich Klaus Sauer bei der Siegerehrung zu Recht glücklich äußerte. Vor allem vor dem Hintergrund einer stagnierenden regionalen Läuferszene, die bei Veranstaltern in jüngerer Vergangenheit auch schon das eine oder andere längere Gesicht erzeugte, erscheint der Rekordzuspruch in der Tat bemerkenswert – von Ungefähr kommt er nicht.

Viel für den Erfolg tut der TSV Höchst zum Beispiel mit seine Service von einer zuverlässigen Öffentlichkeitsarbeit bei der Ankündigung bis zu einem vorbildlichen Ergebnisservice im Internet. Auch empfangen die TSV-Mitglieder ihre Gäste stets freundlich und mit guter Verpflegung – ungeachtet des Ausreißers, dass  dieses Jahr ob des starken Besuchs (Schüler- und Jugendläufe sowie ein Mittelstreckenlauf und eine Walkingtour waren ebenfalls stark besetzt) Brötchen und Brote zu den Würstchen ausgingen.

Wichtiger erscheint ohnehin, dass unterwegs niemand die letzten Körner verbrauchte, worauf der zeitige Zielschluss hindeutet: Selbst der letzte Finisher hatte die Strecke nach nicht viel mehr als einer Stunde bewältigt und damit das Rennen wahrscheinlich ebenfalls  weniger durchlitten als genossen, auch wenn  in diese Jahr die Baustellen zur Umgehung der B 45 die Strecke tangierten. Denn abgesehen davon führt der Klosterwaldlauf auf meist angenehmen Waldwegen in abwechslungsreichem Auf und Ab vornehmlich durch Laubforst oder an dessen Rand entlang, was in schönen Herbststunden wie am Sonntag geradezu romantische Reize entfaltet – zumindest für jene, die  den knackigen Anstieg zwischen den Kilometern zwei und fünf einigermaßen schadlos überstehen.

Noch mehr Ausdauer als der Berg fordern allerdings, obgleich flach und dank Asphaltdecke schnell, die letzten 750 Meter. Einmal nachgemessen, dürften sie sich nämlich um fast die Hälfte länger erstrecken, als die letzte Distanztafel anzeigt.  

Gerhard Grünewald
25.10.2006